Am 11.10.2022 fand vor dem Landgericht Neubrandenburg ein Zivilprozess statt, weil der Raffinerie-Konzern PCK per einstweilige Verfügung einem Aktivisten der Gruppe „Aufstand der Letzten Generation“ u.a. verbieten wollte Fotos und Videos von einer Aktion zu verbreiten, sonst würden ihm 250 000 Euro Strafe oder Ersatzhaft drohen. Dagegen legte der Aktivist Raúl Semmler im Juli Widerspruch ein.
PCK hat wohl Angst vor solchen Bildern:
Original Bilder auf: https://letztegeneration.de/blog/2022/07/unterlassungserklaerung-nach-pipelineaktion-ich-lasse-mich-nicht-mundtot-machen/
Was zuvor geschah
Um auf den Klimanotstand aufmerksam zu machen und um Konzerne in die Verantwortung zu ziehen gab es im April und Mai 2022 einige Aktionen der „Letzten Generation“ gegen PCK. Es haben sich Menschen an Tanklastern angeklebt und mehrmals wurden Notventile von Ölpipelines zugedreht.
Übrigens soll es ca. eine halbe Stunde gedauert haben bis die Cops bei den Ölleitungen ankamen 😉
PCK ist ein Ölkonzern der vor allem mit der Raffinerie von Rohöl aus der Erdölleitung Druschba aus Russland Profit macht. Mitunter unterstützt der Konzern dadurch indirekt den Krieg in der Ukraine und trägt zudem noch zur Klimakrise bei. Nach Angaben von PCK entstand beim Konzern durch das Abdrehen der Pipeline ein hoher fünfstelliger finanzieller Schaden. Um zudem ein Imageschaden abzuwenden und vermutlich um Nachahmungsaktionen zu verhindern versuchte der PCK-Justiziar Herr. Kilz die besagte einstweilige Verfügung zu erwirken. Hierzu gibt es ein kleines Video der LG:
https://www.youtube.com/watch?v=Ze3rmGoFLXE&t=152s
Kundgebung vorm Gericht
Zunächst wurde bei dem Polizeipräsidium Neubrandenburg eine Kundgebung vor dem Gericht angemeldet. Die Polizei fühlte sich jedoch nicht zuständig und behauptete es sei ihnen nicht möglich die Anmeldung an die Versammlungsbehörde weiterzuleiten. Nach einem freundlichen Hinweis auf § 7 Abs. 1 Nr. 2 SOG M-V , wurde es als Missverständnis abgetan und die Anmeldung wurde weitergeleitet.
Vor Ort warteten dann schon eine Hand voll Cops und vier Zivilpolizisten auf unsere Ankunft. Vom BUND waren auch zwei Menschis als Prozessbeobachter*innen da, weitere solidarische Menschen, sowie Lokalpresse und DPA. Eine Person trug mit Sprühkreide die Parole auf den Boden:
„PCK den Hahn abdrehen, statt tatenlos daneben stehen“
Die Güteverhandlung beginnt
Anwesend waren PCK-Geschäftsführer Ralf Schairer, sein Rechtsanwalt Walter Scheuerl und der PCK-Justiziar Kilz auf der Seite des Profits und Rechtsanwalt Christian Mertens vertrat Raúl sowie die Ansicht, dass ziviler Ungehorsam nötig und wichtig ist.
Ganz im Sinne der öffentlichkeitsscheuen PCK bat Richter Steffen Seligmüller die Presse keine Fotos von der Verhandlung zu machen und stellte fest wer so alles da war.
Es folgte eine kurze Feststellung, dass die Tat unstreitig war, da es sogar Fotos und Videos von der Aktion gibt und dass es der PCK gar nicht gefallen hat und sie deswegen von Raúl wollen dass er aufhört ihre Pipelines abzudrehen und Fotos und Videos davon zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu lassen.
Daraufhin machte Raúl der PCK ein bemerkenswertes Angebot:
Im Falle einer Umstellung der PCK auf 100% erneuerbare und CO2 Neutralität bis Januar 2024 würde Raúl anbieten seine Schauspielkunst und Drehbuchschreiberei anzubieten, um damit Imagearbeit für eine umgestellte PCK zu machen. Er könnte Filme, Podcasts und sogar eine Serie machen um nach einer Transformation für PCK Werbung zu betreiben.
Selbst die Lokalpresse lobte Raúl mit den Worten:
„(…) der nach eigenen Angaben ausgebildete Schauspieler Semmler preschte bestens präpariert vor. In den Augen des Aktivisten sind Unternehmen, wie PCK, die fossile Brennstoffe verarbeiten, ein Moloch in Richtung Klimakatastrophe schlechthin. Sie reiten nach seiner Auffassung die Gesellschaft geradezu ins Elend. Semmler schlug der Schwedter Raffinerie allen Ernstes vor, ab Januar 2023 direkt mit der Umrüstung auf grünen Wasserstoff zu beginnen und auch nicht mehr einen Liter Erdöl zu verarbeiten. Dieser Prozess solle dann nach seinen Vorstellungen innerhalb nur eines Jahres, nämlich zum 01. Januar 2024, abgeschlossen sein. Die Transformation zu einem „guten, sauberen und fairen Unternehmen“ wolle er, Raul Semmler, dann unter Aufbietung aller seiner kommunikativen Möglichkeiten zu einem Vorreiterunternehmen in Sachen Klimaneutralität unterstützen.
Das würde er sogar kostenlos anbieten und somit vom ehemaligen Kritiker zum absoluten Befürworter werden. Seine Idee trug der Aktivist immerhin theaterreif vor.“
(Von Gabriela A. Prodöhl / dpa in der MOZ vom 11.Okt. )
RA Mertens übersetzte daraufhin das Angebot in Jura-deutsch und reichte es schriftlich ein.
Disruption statt Transformation?
Etwas verdutzt lehnte PCK das großzügige Angebot leider ab.
Aber Ralf der Geschäftsführer wollte es nicht unkommentiert lassen und gab ein Statement ab um die Fratze seines Konzerns vor der Presse zu wahren:
Natürlich seien sie sich alle eins, dass Klimaschutz wichtig ist, aber die Geschwindigkeit sei das Problem… Eine Transformation brauche Zeit und es sei völlig unmöglich die Firma in so kurzer Zeit umzurüsten. Blah, blah, blah, was Raúl vorschlage sei keine Transformation sondern eine Disruption!!! *Donnergeräusch*
„Wenn dem so ist, sollten wir vlt tatsächlich eine Zerstörung der fossilen Industrie durchsetzen, statt bloß ihre Veränderung zu fordern.“ kommentierte später ein*e Zuschauer*in.
Die Güteverhandlung war gescheitert.
Die Gesellschaft ins Chaos stürzen
Im Rahmen einer „Rechtslagenerörterung“ gab Richter Seligmüller langweiliges Zeug von sich:
Die Aktion sei eine Straftat, es sei Hausfriedensbruch und dafür gäbe es keine übernatürliche Rechtfertigung (Gemeint ist hier der Notstands §34StGB). Würden wir dieser Argumentation folgen könnten alle Leute Straftaten begehen (z.B. bei PCK einbrechen) und es würde Chaos in der Gesellschaft ausbrechen!!! Blah, Blah, Blah Klimawandel sei Doof aber Veränderung muss Wirtschaftlich tragbar bleiben.
Raúl warf ein statt Klimawandel zu sagen, das Kind beim Namen zu nennen und das Wort Klimanotstand zu verwenden. Der Richter entgegnete: „Ich breche auch nicht in ihre Wohnung ein und drehe Ihre Heizung ab!“ Zurecht konterte Mertens dass es ein Unterschied mache ob ein Unternehmen mit Umweltzerstörung Profit macht oder ob eine Person in ihrer Wohnung friert. Raúl betonte die Notwendigkeit von zivilem Ungehorsam und Anwalt Christian Mertens lobte Rosa Parks. Der Richter fing an seinen Unmut über Solaranlagen und Windräder auszudrücken.
Aus dem Publikum wurde skandiert der Richter würde sich zum Komplizen der PCK machen. Seligmüller wiederholte noch ein paar mal den kläglichen Vergleich mit dem Einbruch in der Privatwohnung. *Kopfschütteln*
Wir hatten es nicht wirklich anders erwartet aber der Richter hatte nicht den Mut sich für eine klimagerechte Zukunft stark zu machen und schloss die Verhandlung.
Ein Statement von Rául zum Prozess gibt es hier.
Ein Statement von RA Christian Mertens gibt es da.
Stay Rebel & Smash PCK!