Freispruch und Verurteilung im temporär autonomen Justizzentzum Aachen

Der 01.06.2021 in Aachen hat wird von den Betroffenen von Repression als voller Erfolg gefeiert! Zwar gab es nicht nur Freisprüche, doch das Justizzentrum Aachen wurde gefühlt zu einer temporären autonomen Zone. Laute Musik, lecker Pic-Nic, Akrobatik, Tanz, Tierkostüme und überforderte Justizbeamt*innen prägten den Tag.
Hintergrund-infos zu den Verfahren gibt es Hier.

Pic-Nic und Punk-Rock vor dem Gericht
Als um 9 Uhr der erste Prozess begann und nicht mehr als 6 Personen als Öffentlichkeit zugelassen wurden, sammelten sich im Innenhof des Justizzentrum solidarische Menschen mit veganen Teigtaschen und laut schallender Punk Musik. Die Akkustik im Innenhof des Justizzentrum (Grüner Kreis) war hervorragend und es Dauerte so eineige Zeit und verdutzte Gesichter bis die Polizei kam und die Teilnehmenden auf den angemeldeten Versammlungsort (Roter Kreis) verwies.

Freispruch für die Abfallküche
Der Vorwurf von Widerstand und versuchter Körperverletzung konnte nicht Aufrecht erhalten werden. Da der Cop-Zeuge trotz verschiedenster Darstellungsverusuche mit Hilfe seines Körpers sich lächerlich machte und nicht glaubhaft machen konnte, es habe einen gezielten Schlag in seine Richtung gegeben, wurde es für den Cop etwas peinlich. Leider wurden das Angebot des Berufszeugen seine Kampfkünste an Justizbeamt*innen vorzuführen abgelehnt. Bei seinen Rechtfertigungsversuchen die eigene Polizeigewalt zu legitimieren entstand das Zitat des Tages:

“Viele fallen gerne auf den Bauch, andere machen den sterbenden Schwan. Das ist ganz unterschiedlich!”

Dieser Zeuge musste wegen mangelnden Plätzen nach seiner Vernehmung draußen bleiben, doch wollte er das Urteil unbedingt mitbekommen. Das Gericht machte also eine Ausnahme und gewährte ihm sein Ärger über die Urteilsverkündung.
Fla wurde in der 4. Runde frei gesprochen!! Das heißt vom Amtsgericht über das Landgericht bis zum Oberlandesgericht und wieder zurück zum Landgericht. “Warum denn nicht gleich so?!” Fragt sich Fla aber freut sich über die vielen Fahrtkosten die erstattet werden. Es wurde viel gelacht und das Gericht übernimmt nun alle vorangegangenen Kosten.

Ausschluss der Öffentlichkeit
Um 13 Uhr fing dann der nächste Prozess an dieses Mal wurde er in einen Hochsicherheitssaal verlegt. In diesem Saal war nun Platz für 10 solidarische Wesen doch es wurden nicht alle hinein gelassen weil sich 2 Personen lediglich mit Fahrerlaubnis ausweisen konnten. Es wurde gerügt, dass der Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt sei. Das Urteil aus 1. Instanz wurde verlesen und die Angeklagte Person (Lilou) stelle einen Antrag auf Tonbandaufnahme der Gerichtsverhandlung gem. § 169 II GVG, welcher abgelehnt wurde.
Die angeklagte Person verlas nun eine mehrseitige Prozess Veräußerung und Thematisierte die Eigentums-Frage, fehlende Umfriedung, Klimawandel und Braunkohleverstromung, Wohnraummangel, Polizeigewalt und die Notwendigkeit des Zivilen Ungehorsam.

an dieser Stelle eine kunstvolle Dokumentation des Verfahrens:
Es wurden 2 Zeug*innen gehört (Eine Mitarbeitende Person bei RWE und ein Klettercop). Beide beteuerten es habe keine Polizeigewalt gegeben und es sei alles normal gelaufen. Danach wurden Videoaufnahmen von den Cops gezeigt (Popcorn hätte noch gefehlt). Anschließend beantragte die Lilou zum Beweis der Tatsache, dass es Polizeigewalt gab, die Sichtung eines anderen Videos. Hier wurde deutlich, dass Menschen unverhältnismäßige Polizeigewalt erleiden mussten, jedoch wurde diese Tatsache von Gericht und Staatsanwaltschaft ignoriert.

Rave im Hochsicherheitssaal
In einer Pause wurde die Gelegenheit genutzt die Microphone auszuprobieren. Über ein PC wurde eine Rave-Version von “Bella Ciao” gespielt und so verstärkt, dass der Gerichtssaal zur Tanzfläche wurde. Ein Zebra und eine Giraffe machten Akrobatische Kunststücke, andere Tanzten wild herum oder spielten Limbo. Die Justizwachteln trauten ihren Augen nicht als sie zum Ende des Tracks hineinkamen und die Party schließlich sprengten.

Notstands Anträge und Verurteilung
Lilou verlas noch einige Anträge um festzustellen, dass RWE und die BRD durch Braunkohleverstromung grundlegende Menschenrechte verletzen, um zu zeigen, dass die Braunkohlelobby demokratische Willensbildung verhindert und um aufzuzeigen dass ziviler Ungehorsam notwendig und angemessen ist um die Klimaziele zu erreichen. Jedoch hatte das Gericht nicht den Mut dieser Argumentation zu folgen. Die StA beantragte 30 Tagessätze, die Verteidigung beantragte in einem hervorragendem Plädoyer Freispruch und im Letzten Wort würdigte Lilou die Gefangene UP1 und andere Betroffene von Repression und zitierte das Bundesverfassungsgericht.
Das Gericht zog sich zurück und verkündete, dass die Berufung der Angeklagten Person wurde verworfen und Lilou wurde zu 30 Tagessätzen à 10 Euro verurteilt. Lilou möchte nur für einen Teil der Tagessätze aufkommen und die restlichen Tage absitzen.

“Im Grunde war es eine sehr gelungene Vorführung! Wir freuen uns auf die vielen Prozesse, die noch anstehen. Am 04.06. sind wir in Düren auch dabei, wenn es um weitere Haus- und Schlachthofbesetzungen geht.” Lacht Lilou am ende des Tages.